An der Universität Genf wird seit fast zwei Jahren zu Fragestellungen
des Wissensmanagements und organisatorischer Innovation gearbeitet.
Um eine solide Basis für die Entwicklung eines praxisorientiertes
Konzept des Wissensmanagements aufzubauen, wurde Mitte 1995 das
schweizerische Forum für Organisationales Lernen und Wissensmanagement
an der Université de Genève gegründet [].
In diesem Forum kommen Praktiker zusammen, welche den besseren
Umgang mit der strategischen Ressource 'Wissen' als zentralen
Hebel für die Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ansehen
[]. Die themenzentrierten round-tables dieser Gruppe werden von
der geneva knowledge group [] betreut, gestaltet und koordiniert.
In den Forumsfirmen wurde eine Reihe von Projekten durchgeführt,
welche unterschiedliche 'Wissensprobleme' beleuchteten. Das Spektrum
reicht hierbei von der "Ableitung von lessons learned aus
Strategieprojekten" über die "Reorganisation der
Konzernausbildung nach Kompetenzfeldern" bis zur "Konzeption
eines Global Knowledge Network zur Schaffung von Wissenstransparenz
in ausgewählten Kompetenzfeldern eines international tätigen
Großunternehmens".
In Zusammenarbeit mit den Praktikern wurden sogenannte Bausteine
des Wissensmanagements entwickelt []. Sie dienen der Klassifizierung
von Wissensproblemen und liefern den Praktikern Ansatzpunkte für
Interventionen. Sie verstehen sich als Sprachangebot an
die Unternehmenspraxis, welches die Sprachlosigkeit im behandelten
Felde ein Stück weit aufheben kann. Es handelt sich hierbei
nicht um eine systematische Modellierung und Erklärung von
Wissenstransformationsprozessen, sondern um eine Heuristik
für die Unternehmenspraxis, welche die Abgehobenheit und
mangelnde Anschlußfähigkeit vieler Wissensmanagementkonzepte
überwinden möchte. Daher wird parallel auch an der Visualisierung
der Bausteine gearbeitet. Die unten abgebildeten Bausteine zeigen
den Prozeß des Wissensmanagements auf und ermöglichen
die Thematisierung von Vernetzungen und Abhängigkeiten.
Die Anordnung der Bausteine folgt zwei Prinzipien. Ein 'äußerer Kreislauf', mit den Elementen Zielsetzung, Umsetzung und Messung bildet einen traditionellen Managementprozeß ab. Dieser Regelkreis erfüllt mehrere Aufgaben. Er verdeutlicht die Wichtigkeit strategischer Aspekte im Wissensmanagement sowie die Bedeutung eindeutiger und konkreter Zielsetzungen. Darüber hinaus berücksichtigt er die Notwendigkeit, die Möglichkeiten der Messung auch im Bereich des Wissensmanagements so weit wie möglich auszuschöpfen, um so der Idee einer zielgerichteten Steuerung gerecht zu werden.
Im inneren Kreislauf finden wir die Bausteine Wissenstransparenz,
Wissenserwerb, Wissensentstehung, Wissens(ver)teilung, Wissensbewahrung
und Wissensnutzung. Viele Wissensprobleme entstehen, weil die
Organisation einem oder mehreren dieser Bausteine zu wenig Beachtung
schenkt und somit den Wissenskreislauf stört.
Mit Hilfe der Bausteine des Wissensmanagements wurden in den Jahren
1995 und 1996 vielfältige Probleme des Wissensmanagements
in der Unternehmenspraxis betrachtet []. Die Ergebnisse dieser
Untersuchungen werden 1997 in einer praxisorientierten Veröffentlichung
zum Wissensmanagement vorgelegt [] und vom Autor im Rahmen einer
wissensorientierten Perspektive der Organisation problematisiert
[].
Der nachfolgende Beitrag stellt einen (für den Autor zentralen)
Baustein des Wissensmanagements - die Schaffung von interner und
externer Wissenstransparenz - vor und ist dabei integrierter Bestandteil
des Gesamtkonzeptes. Die Arbeit mit den Forumsfirmen hat gezeigt,
daß gerade Großorganisationen Schwierigkeiten haben,
sich im internen und externen Wissensumfeld zu orientieren. Dies
hat Einfluß auf die organisatorische Fähigkeit zur
Innovation. Häufig liegt die wahre Herausforderung in der
Sichtung und Bewertung bereits vorhandener Problemlösungen,
statt in der Neuerfindung und -entwicklung von Produkten oder
Prozessen. Es wird aufgezeigt, daß die Konzentration auf
originär-innovative Managementmaßnahmen zur Erhöhung
der internen Innovation nicht ausreicht, sondern zur Verschwendung
von Ressourcen und zur Isolierung der Wissensproduzenten führen
kann. Vielmehr ist auf intern oder extern bereits vorliegende
Fähigkeiten oder Know-how zurückzugreifen. Dieser Zugriff
wird durch die rasante Entwicklung elektronischer Netzwerke immer
effektiver unterstützt.
Zentrale Begriffsdefinitionen:
Wissensmanagement (WM): WM beschäftigt sich mit den Möglichkeiten
der Einflußnahme auf die Ressource "Wissen" in
Organisationen. Es befaßt sich mit jenem Teil der Lernprozesse,
die als gestaltbar angesehen werden. Damit grenzt es sein Erklärungsinteresse
von (den meisten) Konzepten des Organisationalen Lernens ab. WM
versucht gezielt in die organisatorische Wissensbasis einzugreifen
und entwickelt zu diesem Zwecke Konzepte und Methoden.
Organisationale Wissensbasis: "Die organisationale Wissensbasis
umfaßt sämtliche Wissensbestandteile, über die
eine Organisation zur Lösung ihrer vielfältigen Aufgaben
verfügt. Daten, Informationen und (stark kontext- oder personengebundenes)
Wissen und Fähigkeiten müssen hierbei in ihren Verknüpfungen
betrachtet werden. Fähigkeiten können auf unterschiedlichen
Emergenzebenen (Individuum, Gruppe, Gesamtorganisation) vorliegen
und gestaltet werden".
Praxis-
stimmen
" Ich komme fast täglich in Situationen, in denen
ich schnell und unkompliziert auf Wissen zugreifen möchte,
das ich irgendwo in unser weltweiten Organisation vermute. Unsere
interne Intransparenz verhindert solche zeit- und kostensparenden
Maßnahmen und ich muß mir anders helfen". (Manager
eines Telekommunikationsunternehmens)
"Bis vor kurzem wußten wir in der Zentrale nicht,
welche neuen Produkte in unseren weltweit verteilten Tochter-
und Beteiligungsunternehmen entwickelt werden. Das ist das Ergebnis
unserer konsequenten Dezentralisierungspolitik. Obwohl wir in
der Summe die weltweit größten Forschungsbudgets in
unserer Branche bewegen, weiß unser Forscher in Kanada nicht,
ob sein Kollege in Frankreich sich mit identischen Problemen beschäftigt."
(Manager eines internationalen Industriekonzerns)
"Ungenutzte Publikationen, unbekannte Experten oder Parallelaktivitäten verteuern oder verlangsamen den Wissensentwicklungsprozeß und reduzieren seine Erfolgswahrscheinlichkeit. Zudem werden Abwehrreaktionen bei den bewußt oder unbewußt Ignorierten erzeugt. Was wir bräuchten wäre ein Transparenzmanager"
(Personalchef einer Großbank)
interne Intransparenz
Das Phänomen mangelnder Transparenz gehört in vielen
Organisationen zum Alltag. Gerade multinationale Großunternehmen
klagen darüber, daß sie in wichtigen Bereichen den
Überblick über ihre internen Fähigkeiten
und Wissensbestände verloren haben. So werden z.B. Marktstudien
zum gleichen Thema an mehreren Stellen der Organisation gleichzeitig
erstellt, schlummern wertvolle Wissensbestände ungenutzt.
Interne Experten sind den verantwortlichen Führungskräften
nicht bekannt oder das Rad wird im eigenen Unternehmen neu erfunden,
weil man existierende externe Problemlösungen nicht kennt.
Prozesse der Innovation werden so verhindert oder verzögert.
Informations-flut
Dabei verfügen Führungskräfte heute eher über
zuviel als zu wenig Information. Die Flut von Fachliteratur, Memos,
Technologieberichten, E-Mails oder Konferenzeinladungen zwingt
zur strikten Selektion. Computersysteme ermöglichen den Zugriff
auf unterschiedlichste Datenbanken, Kostenrechnungssysteme oder
die Welt des Internet. Dennoch fühlen sich viele schlecht
informiert. "Ich habe alle Informationen außer denen,
die ich brauche", lautet eine häufig geäußerte
Klage. Oft vermuten Manager, daß das benötigte Wissen
irgendwo innerhalb oder außerhalb ihrer Organisation existiert.
Was ihnen jedoch dringend fehlt, ist die Fähigkeit, Transparenz
in ihre Wissensumwelt zu bringen sowie interne und externe Wissensbestände
gezielt zu identifizieren.
Angemessene Transparenz statt absoluter Transparenz
Wenn wir organisationale Kompetenzen aufbauen wollen,
brauchen wir in einem ersten Schritt eine angemessene
Transparenz über kritische Wissensbestände, die es uns
ermöglicht Ansatzpunkte für die Erfüllung der Wissensziele
zu identifizieren. Wer nach absoluter Transparenz sucht,
der wird seine Kräfte verzetteln, und letztendlich scheitern.
Die Wissensziele weisen aber bereits die Richtung auf Wissensfelder
und Wissensquellen, in denen wir suchen müssen, um unsere
Kompetenzen zu stärken oder neue aufzubauen. Diese Suche
muß dabei sowohl die internen als auch die externen
Wissensquellen umfassen.
personelle und strukturelle Transparenz
Die Schaffung interner Wissenstransparenz umfaßt
die Feststellung des Status-Quo, d.h. die Schaffung eines Bewußtseins
der Organisation über ihre eigenen Fähigkeiten. Welche
Experten sind an Bord und welchen Beitrag könnten sie zum
Aufbau organisationaler Kompetenzen leisten? Welche Wissensträger
verfügen über besonders kritisches Wissen zur Erreichung
meiner Wissensziele? Diese Fragestellungen können wir unter
den Begriff der personellen Transparenz zusammenfassen.
Doch auch die Transparenz über kollektives Wissen
ist von Bedeutung. Nach welchen Spielregeln laufen Wissensteilungsprozesse
ab? Welche internen Netzwerke sind beim Austausch von Informationen
von Bedeutung?
Erhellung des Wissens-umfeldes
Die externe Hauptaufgabe der Wissensidentifikation liegt
in der systematischen Erhellung des relevanten Wissensumfeldes
einer Organisation. Oft sehen Organisationen nur, was sie im Laufe
ihrer Geschichte zu sehen gelernt haben. Viele wichtige Details
entgehen ihnen. So werden Kooperationschancen mit externen Experten
oder wichtige Netzwerke außerhalb der Organisationsgrenzen
nicht genutzt und günstige Gelegenheiten des Wissensimportes
werden vergeben.
Benchmarking
Einen Weg, den viele Unternehmen gehen, um sich ein Bild über
die eigene Leistungsfähigkeit zu machen, ist der systematische
Vergleich eigener Fähigkeiten und Leistungsdaten mit der
Konkurrenz. Innerhalb und außerhalb der eigenen Branche
werden sogenannte best-practices identifiziert - Unternehmen
also, welche in einer Dimension ihres Leistungsprozesses (z.B.
dem Finanzmanagement ihrer kurzfristigen Geldmittel) allen anderen
Konkurrenten überlegen sind. Unter der Überschrift Benchmarking
[] haben sich in Theorie und Praxis bereits einige Methoden etabliert,
welche diese systematische Suche nach Fähigkeitslücken
zur Konkurrenz methodisch unterstützen. Benchmarking ist
Anlaß und Mittel zugleich für die Suche nach neuen
Wissensquellen und Fähigkeiten.
Nutzen von Wissenstrans-parenz
Im Resultat schafft die gezielte Wissensidentifikation eine Wissenstransparenz,
die dem Einzelnen in der Organisation eine bessere Orientierung
liefert und einen besseren Zugriff auf das externe Wissensumfeld
verschafft. Dadurch können Synergien erzielt, Kooperationen
geschlossen und wertvolle Kontakte geknüpft werden. Die Organisation
nutzt im Resultat interne und externe Ressourcen effizienter und
erhöht damit die eigene Reaktionsfähigkeit.
Bedeutung des
zugestandenenNicht-Wissens
Das durch die Identifikation des eigenen "Nicht-Wissens",
der eigenen Wissenslücken und Fähigkeitsdefizite geschaffene
Bewußtsein, kann einen wirksamen Auslöser von Lernprozessen
darstellen. Viele Organisationen gestehen sich solche Defizite
nur ungern ein. Neue Ansichten können das eigene Weltbild
schließlich arg destabilisieren []. Wer sich allerdings
gegen die Ignoranz entscheidet, dem bietet die Herstellung einer
angemessenen internen und externen Wissenstransparenz einen wertvollen
Ausgangspunkt für den Abbau von Fähigkeitsdefiziten
und die Schließung von Wissenslücken.
Zuständigkeit für Wissens-transparenz
ist selten
geregelt
Eine wesentliche Ursache für mangelnde Wissenstransparenz
ist darin zu sehen, daß die Zuständigkeit für
die Wissensidentifikation im Unternehmen selten eindeutig geregelt
ist oder geregelt werden kann. Während in der Personalabteilung
bekannt sein sollte, welche Mitarbeiter mit welchen Fähigkeiten
eingestellt worden sind, bleibt der Rest der Organisation oft
uninformiert. Der Informatik-Bereich installiert Netzwerke und
Kommunikationssoftware, welche die Identifizierung von Informationen
und Ansprechpartnern verbessern könnten, doch selten begreifen
die EDV-Experten dies als eine ihrer Hauptaufgaben. Wer ist also
verantwortlich? Sind es die Führungskräfte, welche ihren
Mitarbeitern durch eigenes Vorleben oder gezielte Information
die Orientierung im Dickicht von Großorganisationen erleichtern
sollten? Oder trägt jedes Mitarbeiter die Eigenverantwortung
für die Identifizierung relevanter Informationen und Wissensträger?
Diese Fragen sind so nicht zu beantworten. Sicherlich können
alle erwähnten Akteure und noch viele weitere zur Verbesserung
der internen Wissenstransparenz beitragen. Aber Organisationen
sollten ihre Mitarbeiter hierbei durch die Bereitstellung geeigneter
Infrastrukturen unterstützen.
Negative
Einflüsse
auf Wissens-
transparenz
Eine zentralisierte "Transparenzschaffungsstelle" ist
im Organigramm oder Organisationshandbuch allerdings in der Regel
nicht vorgesehen. Das ist problematisch, da sich durch regelmäßige
Restrukturierungen, Job-Rotation und erhöhte
Fluktuation das Personalkarussel in vielen Unternehmen immer
schneller dreht. Das führt dazu, daß der Überblick
über Zuständigkeiten leicht verloren geht (" wer
gestern zuständig war, ist heute schon anderswo und morgen
bei der Konkurrenz"). Die Lean Management-Welle hat
dazu geführt, daß viele "redundante" Stellen
abgebaut wurden. Damit sind gewisse Wissensbestände oder
Fähigkeiten nicht mehr an mehreren Stellen der Organisation
gleichzeitig vorhanden ist und damit weiter von der Wissensnachfrage
entfernt. Radikale Dezentralisierungsprogramme und Reengineering
Projekte haben dazu geführt, daß zentrale Bereiche
mit Integrationsfunktion und informelle Netzwerke auseinandergerissen
wurden, was im Extremfall dazu führt, daß "autonome"
Unternehmensteile über ihre Schwestergesellschaften oft nicht
viel mehr als über die Konkurrenz wissen. Auch viele Stäbe
wurden als "unproduktiver Overhead" aufgelöst oder
in ihren Aufgaben beschnitten. Während Stabsfunktionen in
den 80er Jahren noch als Synergierealisierer gefeiert worden,
sind in vielen Organisationen heute zurückgestuft worden,
was ihre Koordinierungsleistung zur Mehrfachnutzung von Wissensressourcen
erheblich schwächt.
Positive
Einflüsse
auf Wissens-
transparenz
Die oben angeführten Trends wirken sich negativ auf die interne
Wissenstransparenz aus und erschweren die Wissensidentifikation.
Auf der anderen Seite sind jedoch auch gegenläufige Entwicklungen
auszumachen. So waren 1995 bereits 25% aller vertriebenen PCs
multimediafähig und 70% aller PCs in Unternehmen vernetzt
[]. Die technischen Möglichkeiten zur leichteren Wissensidentifikation
sind also in einer Vielzahl von Organisationen bereits vorhanden.
Der Abbau von Hierarchien sowie der Aufstieg von Wissensarbeitern
[] und Experten hat zu einem offeneren Kommunikationsstil geführt.
Vertikale Kommunikation entlang des Dienstweges wird immer mehr
von horizontaler Direktkontakten abgelöst, Experten sprechen
direkt miteinander, was die Kontaktqualität erhöht.
Der direkte Vorgesetzte verliert damit als zentraler Wissensfilter
an Bedeutung.
Diese Trends lösen bestehende Hierarchien langfristig immer
stärker auf. Organisationen werden daher von der Organisationstheorie
immer mehr als Netzwerke [] beschrieben. Während die
Organisationstheorie auf diese veränderten Kommunikationstrends
mit der Forderung nach radikal neuen Organisationsformen reagiert
[], genügen oft schon einfache Maßnahmen, um die interne
Wissenstransparenz zu erhöhen. Einige Beispiele für
Maßnahmen und Instrumente, mit denen dies auf individueller
und kollektiver Ebene erreicht werden kann, sollen im folgenden
vorgestellt werden.
Unkenntnis über die Fähigkeiten
der eigenen Mitarbeiter
Die kleinste Einheit des Wissensmanagements ist das Individuum.
Das Individuum ist Träger von Fähigkeiten und besitzt
Intuition sowie Erfahrungen. Ein Teil dieser Fähigkeiten
ist der Organisation bekannt. So verfügen Personalabteilungen
in der Regel über Informationen bezüglich der Ausbildung,
Sprachkenntnisse und ähnlicher Fähigkeitsmerkmale von
Mitarbeitern. Doch diese "Stammdaten" bilden nur einen
Teil der tatsächlich vorhandenen Mitarbeiterfähigkeiten
ab. In jeder Organisation sind gewisse Skills knapp und
dennoch können so auch nicht anderen Mitarbeitern zur Verfügung
gestellt werden. Diese Knappheit kann mehrere Gründe haben.
Wieviele Mitarbeiter bringen in ihrer Freizeit Spitzenleistungen
und haben im professionellen Leben innerlich gekündigt? Wer
die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter nicht kennt, verpaßt
die Gelegenheit sie zu nutzen.
Experten-verzeichnisse
Gelbe Seiten
Eine effektive und relativ unaufwendige Methode zur Identifikation
von weltweit verteilten Experten und Wissensträgern ist die
Erstellung von Expertenverzeichnissen oder Personalhandbüchern.
So erhob der Schweizer Chemiekonzern HOFFMANN-LA ROCHE die speziellen
Kenntnisse der eigenen Forschern auf der ganzen Welt. Diese Informationen
wurden ähnlich einem Telephonbuch zusammengefaßt und
als sogenannte Gelbe Seiten [] in der Organisation verteilt.
Der Auflistung von typischen Problemen der Produktentwicklung
wurden die Namen potentieller Problemlöser in der Organisation
zugeordnet. So gewannen die Forscher einen wesentlich einfacheren
Zugriff auf die interne Expertise. "Wissensinseln" wurden
verbunden und die Suchkosten nach geeigneten Ansprechpartnern
für spezielle Fragestellungen konnten erheblich gesenkt werden.
Wissensland-karten
Bringt man diese Informationen auf den Computer, strukturiert die Daten nach unterschiedlichen Kriterien und nutzt die technologischen Visualisierungmöglichkeiten, so kann man sie mit Hilfe unterschiedlicher Wissenslandkarten (knowledge maps) darstellen []. Dies vereinfacht den Zugriff auf formalisierbare Wissensarten und macht diese zeit- und raumunabhängig für einen großen Personenkreis zugänglich. Wissenslandkarten können je nach ihrer Struktur in unterschiedliche Typen unterschieden werden.
Wissenstopo-graphie
So veranschaulichen Wissenstopographien [], welche Wissensbestände
und/oder Fähigkeiten in welcher Ausprägung bei welchen
Wissensträgern vorhanden sind. Mit einem solchen System kann
man sich relativ rasch einen Überblick verschaffen, was von
wem in welchem Detailierungsgrad gewußt oder beherrscht
wird.
Wissensbe-standeskarten
Wissensbestandeskarten zeigen an, wo und wie bestimmte
Wissensbestände gespeichert sind. Für den Nutzer macht
es einen großen Unterschied, ob die gesuchten Informationen
in einem Rechenzentrum, auf einer Diskette, in Papierform oder
im Gedächtnis eines bereits pensionierten Experten zu finden
sind. Damit berücksichtigen Wissensbestandeskarten den Aggregationszustand
des Wissens und geben dem Nutzer wertvolle Informationen über
mögliche Weiterverarbeitungsschritte.
geographische Informations-
systeme
Geographische Informationssysteme (GIS) dienen der Darstellung
von geographisch angeordneten Wissensbeständen. Sie ordnen
Informationen nach geographischen Kriterien zu. So können
beispielsweise zur Unterstützung von Marketingmaßnahmen,
Informationen über Verkaufsregionen geographisch dargestellt
werden. Diese intuitive Darstellungsweise kann die Effektivität
von Managemententscheidungen enorm erhöhen, darum ist es
nicht erstaunlich, daß sich ein rasant wachsender Markt
für GIS-Anwendungen gebildet hat [].
Wissensmatrix
Eine andere Möglichkeit der Darstellung, ist die Abbildung
von Wissensbeständen in einer Wissensmatrix. Je nach
Fragestellung können über eine Wissensmatrix beliebige
Wissensbestände oder Fähigkeiten im Verhältnis
zu zwei Spannungsfeldern positioniert werden. Der Einsatz unterschiedlicher
Leitunterscheidungen [] (intern/extern, neu/vorhanden, implizit/explizit...)
eröffnet unterschiedliche Perspektiven auf die organisatorische
Wissensbasis und verdeutlicht Trends [].
Wissenslandkarten haben allerdings auch ihre kritischen Seiten:
Keine Transparenz
um jeden Preis
Diese Auflistung von Transparenzhemmnissen hat bereits die Grenzen
der Identifikation über Wissen und Fähigkeiten der Organisation
aufgezeigt. Wissenstransparenz hat ihren Preis. Die Messung oder
Erfassung von Fähigkeiten kostet Zeit sowie Geld und muß
interne Widerstände überwinden. Interviews müssen
geführt, Fragebögen verschickt, Testverfahren entwickelt
werden. Dieser Aufwand muß sich lohnen. Bessere Transparenz
sollte daher nur über kritische Fähigkeiten der Organisation
erzeugt werden. Eine Strategie der 'Transparenz um jeden Preis'
macht keinen Sinn, sondern kann sogar kontraproduktiv sein.
Respektierung
der
Privatsphäre
Viele Mitarbeiter trennen ihr Berufsleben relativ strikt von der
Privatsphäre. Informationen oder Kontakte, die sie im Privatleben
erwerben, Fähigkeiten, welche sie in ihrer Freizeit nutzen,
stellen sie nicht automatisch ihrem Arbeitgeber zur Verfügung.
Diese Barriere ist ein natürlicher Schutz vor der totalen
Vereinnahmung durch professionelle Rollen und sichert ein privates
Rückzugsrevier. Eine Aufgabe im Bereich der Wissensidentifikation
liegt sicherlich auch darin, verborgene Talente und Potentiale
sichtbar zu machen, der Transparenz über die Privatsphäre
sind allerdings Grenzen gesetzt.
Explizierung
von Experten-wissen
ist nicht per
se gut
Wissenstransparenz sollte auch den Zugriff auf die Intuition
oder Erfahrung [] interner Experten erleichtern. Managementforscher
untersuchen heute, wie man diese unbewußten Fähigkeiten
auch tacit knowledge genannt []) in eine kommunizierbare
Form bringen kann []. Es wird behauptetet, daß erst durch
die Formalisierung der unbewußten Wissensbestandteile und
anschließende Kombination mit anderen Wissensbestandteilen,
das Expertenwissen für organisatorische Innovationen nutzbar
gemacht werden kann []. Der Aufwand der "Hebung"
dieses Expertenwissens kann allerdings sehr hoch sein und in keinem
Verhältnis zum zu erwartenden Ertrag stehen. Daher reicht
es zur Wissensidentifikation in den meisten Fällen aus, einen
raschen Verweis auf den "zuständigen Experten"
zu erhalten.
Transparenz kann schaden
Transparenz hat auch ihre Schattenseiten. Headhunter könnten
in betriebliche Expertendatenbanken eindringen und sich schnell
einen Überblick über interessante Kandidaten verschaffen.
Auch Mitarbeiter könnten sich gegen einen allzu offenen Umgang
mit intimen Stärken- und Schwächenprofilen wehren. Nicht
umsonst existieren Datenschutzgesetze, die gewisse Persönlichkeitsdaten
vor dem Zugriff beliebiger Dritter schützen. Übertriebene
Offenheit könnte zur leichtfertigen Preisgabe sensibler Informationen
führen und von der Konkurrenz entsprechend genutzt werden.
Es gilt daher immer abzuwägen, in welchen Wissensfeldern
zusätzliche Transparenz einen Nutzen generiert und wie hoch
der Schaden wäre, wenn Informationen abfließen. Allerdings
kann mit einer 'security first'-Argumentation jede Verschleierung
gerechtfertigt werden. Wem nützt der Experte, den niemand
kennt?
Transparenz
hat natürliche
Feinde
Transparenz erleichtert vielen den Zugang zu Informationen und Wissensträgern, von deren Existenz sie vorher nichts wußten. Wer schon vorher gut informiert war hat nichts zu gewinnen, sondern verliert dadurch seinen Wissensvorsprung. Wer seine interne Macht auf Wissensvorsprüngen aufgebaut hat ("Der X ist immer bestens informiert"), wird in den seltensten Fällen Interesse an einer breiten, einfachen Wissensidentifikation haben. Für ihn ist Intransparenz eine funktionale Strategie zur Erhaltung der eigenen Machtbasis. Von daher haben Maßnahmen, welche Wissenstransparenz schaffen, ihre natürlichen Feinde.
Bedeutung kollektiven
Wissens
Organisationale Fähigkeiten lassen sich nicht allein durch
die Summe der Fähigkeiten aller Mitarbeiter erklären
[]. WAL-MART schöpft seine überlegenen Fähigkeiten
im Bereich des Retailing nicht allein aus den Fähigkeiten
seiner Mitarbeiter, sondern hat ausgefeilte Strukturen entwickelt,
in denen neben den eigenen Mitarbeitern auch die Zusammenarbeit
mit den Zulieferern und leistungsfähige Computersysteme eine
wichtige Rolle spielen. Das Zusammenspiel all dieser Komponenten
macht die so schwer imitierbare organisationale Kompetenz aus.
Dieses kollektive Wissen wird von Beziehungsnetzen,
geheimen Spielregeln oder breit geteilten Werten
repräsentiert, steckt aber auch in Expertensystemen oder
geschützten Rechten der Organisation. Die Bedeutung und
das Zusammenspiel dieser Bestandteile der kollektiven Wissensbasis
sind der Organisation nicht vollständig bewußt. Wahrscheinlich
würde es auch den Managern von WAL-MART schwer fallen, ihre
kollektiven Fähigkeiten Dritten zu erklären oder gar
auf ein anderes Umfeld zu übertragen []. Der Umgang mit kollektiven
Fähigkeiten muß demnach einer anderen Logik als Maßnahmen
auf der individuellen Ebene folgen. Einige Ansatzpunkte werden
im folgenden vorgestellt.
Kernprozesse sichtbar machen und in Kompetenz-karten abbilden
Heutzutage organisieren sich immer mehr Organisationen um Kernprozesse
herum. Spätestens seit dem Bestseller "Reengineering
the Corporation" [] ist die prozeßorientierte Organisation
in aller Munde. Diese radikale Umstellung der Aufbau- und Ablauforganisation
erfordert einen neuen Umgang mit den internen Kompetenzen. Aus
der Wissensperspektive muß es darum gehen, welche Wissensträger
und Wissensstrukturen einen Kernprozeß unterstützen
müssen. Transparenz schaffen hier sogenannte Kompetenzkarten,
welche nicht nur Wissen und Fähigkeiten, sondern auch das
Vorgehen, die Aufgaben, die einzusetzenden Methoden und Verantwortlichkeiten
abbilden []. Der folgende Fall zeigt, wie man eine solche Kompetenzkarte
erstellen kann.
Erstellung einer Kompetenz-karte
bei Hoffmann-La-Roche
HOFFMANN-LA ROCHE, das bekannte multinationale Pharmaunternehmen
mit Sitz in der Schweiz, operiert in mehr als hundert Ländern
und ist besonders im Medizinalbereich aktiv. Ein wiederkehrendes
Problem stellt der internationale Zulassungsprozeß neuer
Medikamente dar. Besondere Schwierigkeiten traten im Umgang mit
der "Federal Drug Administration" (FDA/Amerikanische
Medikamenten-Zulassungsbehörde) auf. Jahrelang bemängelte
die FDA immer wieder die gleichen Prozeßfehler, was die
Genehmigung von Medikamenten unnötigerweise verzögerte.
Durch fehlende Daten, ungenügend ausgefüllte Formulare,
verstrichene Fristen oder unterlassene Testreihen verlor HOFFMANN-LA
ROCHE wertvolle Wochen und Monate im Genehmigungsprozeß,
was mit einem geschätzten Umsatzausfall von einer Million
Franken pro Tag ins Gewicht fiel. Im Forschungs- und Entwicklungsbereich
wurde daher ein Projekt gestartet, das Maßnahmen zur Verkürzung
des Zulassungsverfahrens vorschlagen sollte. In einer ersten Analysephase
stellte man sich folgende Fragen:
Die FDA wurde als Kunde definiert, dessen Bedürfnisse
die Verantwortlichen von HOFFMANN-LA ROCHE so gut als möglich
zu erfüllen hatten. Jeder einzelne Schritt, von der Grundlagenforschung,
über die Entwicklungsphase bis zur endgültigen Zulassung
eines Medikamentes wurde analysiert und bewertet. Dabei wurden
insbesondere die Beziehungen zwischen Wissenschaftlern, die in
unterschiedlichen Abteilungen arbeiteten, untersucht. Es stellte
sich heraus, daß viele notwendige Abstimmungen unterblieben,
was zu zeitraubenden Anpassungsaktivitäten in späteren
Phasen des Zulassungsprozesses führte. Das Analyseteam dokumentierte
die besonderen Spezialgebiete der beteiligten Forscher und identifizierte
Bereiche, in denen die Teilung von Wissen von besonderer Wichtigkeit
war. Das Management dieser kritischen Schnittstellen schien für
die Beschleunigung des gesamten Prozesses von größter
Bedeutung zu sein. Das Ergebnis all dieser Analysen wurde in einer
Wissenslandkarte zusammengefaßt. Diese bildete die
Beziehungen und gegenseitigen Abhängigkeiten von Entwicklungsabteilungen
und einzelnen Personen innerhalb von HOFFMANN-LA ROCHE ab. Gleichzeitig
wurden die kritischen Prozesse im Umgang mit der FDA berücksichtigt.
Diese Orientierungskarte ermöglichte es den Verantwortlichen,
die Entwicklungs- und Zulassungszeiten zu verkürzen. Obwohl
nicht alle Wissenschaftler ihre Fähigkeiten gerne offenbarten,
kamen genügend Informationen zusammen, um sich ein umfassendes
Bild über den Produktentwicklungsprozeß zu machen und
damit die Transparenz über einen zentralen Leistungsprozeß
zu erhöhen. HOFFMANN-LA ROCHE plant die Wissenslandkarte
zu computerisieren, um die Identifikation relevanten Wissens für
den einzelnen Nutzer weiter zu vereinfachen. Insbesondere neue
Produktentwicklungsteams sollen von diesem Schritt profitieren.
Die Erstellung, Pflege und Weiterentwicklung solcher Kompetenzkarten
ist sehr aufwendig [] und man muß sich überlegen, welchen
Nutzen die gewonnene Transparenz für die Gesamtorganisation
generiert. Wenn sich dadurch wie im Fall HOFFMANN-LA ROCHE kostentreibende
Verzögerungen der Produktzulassung vermeiden lassen, kann
sich auch ein langfristiges Projekt mit hoch bezahlten Experten
auszahlen. In vielen Fällen reichen aber auch geringere Mittel,
um sich Transparenz über ein Wissensfeld zu schaffen.
Zugriff auf historische Projekterfah-rungen
Kompetenzkarten erhellen einen wichtigen Teil der organisatorischen
Wissensbasis: die Prozesse. Gleichzeitig findet heute ein Großteil
der Arbeit in Organisationen in einer schwer überschaubaren
Anzahl von Projekten aller Art statt. Der Erfolg dieser
Projektgruppen wird dabei für den Gesamterfolg der Unternehmen
immer wichtiger, da insbesondere innovative Fragestellungen in
Projektteams bearbeitet werden. Projekte sind allerdings Organisationen
auf Zeit, d.h. daß nach ihrer Beendigung die beteiligten
Projektmitarbeiter meist auseinander streben und ihre Projekterfahrungen
mitnehmen. Gerade in internationalen Organisationen ist es oft
schwierig, auf die Erfahrungen von Projekten, die schon länger
abgeschlossen sind, zurückzugreifen. Durch die dezentrale
Initiierung von Projekten kommt es zudem zu Doppelspurigkeiten
innerhalb von Großorganisationen. Beratungsunternehmungen,
deren Arbeit immer projektorientiert ist und für die der
Zugriff auf Erfahrungen abgeschlossener Projekte ein zentraler
Erfolgsfaktor ist, sind Vorreiter im Management von Projekterfahrungen.
MCKINSEY baute zu diesem Zweck intern das sogenannte Rapid
Response Network [] auf. Dieses verwaltet die Projekterfahrungen
aller Beratungsprojekte und vermittelt den Anfragern Erfahrungsberichte
sowie Ansprechpartner zu spezifischen Fragestellungen, die in
einem Projekt auftreten können. Die Einführung eines
solchen Systems könnte Organisationen folgende Hilfestellungen
leisten: (1) Es sichert Projekterfahrungen durch die automatische
Einforderung von "lessons learned" am Ende eines jeden
Projektes, was einen Eingriff in die übliche Projektablauforganisation
bedeutet. (2) Es erhöht die Transparenz über aktuelle
Projekte, was zur Vermeidung von Doppelarbeit und Auslösung
von Kooperationen führen kann. (3) Es ermöglicht den
direkten Zugriff auf Projektmitarbeiter und deren Erfahrungen.
Wie ein global tätiges Industrieunternehmen die Transparenz
über interne Produktentwicklungsprojekte erhöht hat,
zeigt der folgende Fall:
Verbesserung der Transparenz über weltweit verteilte Forschung
HOLDERBANK , der Weltmarktführer im Bereich Zement und Beton
mit Sitz in der Schweiz, ist ein extrem dezentral geführtes
Unternehmen. Dem weltweiten Netz von Tochtergesellschaften und
Beteiligungen wird ein sehr großer Entscheidungsfreiraum
eingeräumt, die Konzernzentrale versteht sich lediglich als
Dienstleister. Zement, als Hauptprodukt der Gruppe, weist im Vergleich
zu anderen Industrieprodukten einen extrem langen Lebenszyklus
auf. Der geringe Innovationsdruck innerhalb der Branche und die
dezentrale Struktur führten dazu, daß die Zentrale
von HOLDERBANK im schweizerischen Kanton Aargau nur sehr wenig
über die aktuellen Produktentwicklungsverfahren ihrer internationalen
Tochtergesellschaften wußte []. Obwohl HOLDERBANK weltweit
über das größte Know-how im Zementbereich verfügte,
konnten die Kräfte nicht gebündelt werden, wurden Kooperationschancen
ausgelassen und blieben verantwortliche Forscher der Tochtergesellschaften
in der Schweiz unbekannt. Diese Intransparenz bildete den Ausgangspunkt
für die Schaffung eines weltweiten Systems zur besseren Nutzung
der globalen Wissensbasis im Produktentwicklungsbereich. Diese
wurde unter die Leitung von Harry Brantz, einem gestandenen Entwickler
und Marketingexperten, gestellt. Über einen Zeitraum von
fast zwei Jahren baute Brantz ein persönliches Netzwerk auf.
Er machte die Hauptverantwortlichen in den Tochtergesellschaften
ausfindig ("Wer ist bei Ihnen für die Produktentwicklung
zuständig?"), und bemühte sich darum, in jeder
Tochtergesellschaft einen geeigneten Produktentwickler persönlich
kennenzulernen und dessen Vertrauen zu gewinnen []. Hierbei konzentrierte
er sich auf die Entwicklungsleiter selbst oder auf Personen, die
so nah am Entscheidungsprozeß waren, daß sie den Überblick
über die aktuellen Aktivitäten hatten.
In persönlichen Begegnungen konnte er seine Mission - die
bessere Teilung von Wissen über die Produktentwicklung in
der gesamten HOLDERBANK-Gruppe - vermitteln und gleichzeitig eine
Vertrauensbasis aufbauen, die auch über die Distanz von mehreren
tausend Kilometern ein gemeinsames Arbeiten ermöglichte.
Nach und nach trafen Informationen über Entwicklungsprojekte
in der ganzen Welt ein. Während die Nutzung von Recyclingstoffen
als Beimischstoff in Beton das Thema eines Werkes in den USA war,
arbeitete eine deutsche Tochterfirma an einem Verfahren, mit dessen
Hilfe Zement mit geringerem Kohlendioxideinsatz produziert werden
könnte. Die ganze Breite der HOLDERBANK-Aktivitäten
im Produktentwicklungsbereich wurde deutlich. Dies war ein erster
Erfolg. Um allerdings einen systematischen Zugang zu allen Projekten
zu gewinnen, fragte Brantz in einem zweiten Schritt nach den genauen
Projektzielen und dem aktuellen Status der Projekte.
Weiterhin war es wichtig, eine konzernweit einheitliche Sprachregelung
zum Entwicklungsstatus verschiedenster Projekte zu schaffen. Hierzu
entwickelte Brantz einen "Produktentwicklungs- und Einführungsplan"
(PIP) [], der den Verantwortlichen vor Ort ermöglichte, ihre
Projekte systematisch zu bewerten.
Anfang 1995 hatte Brantz weltweit 283 Produktentwicklungsprojekte identifiziert. Diese Projekte ordnete er acht Entwicklungsfeldern zu (Alternatives, Durability, Chemicals...).
Mit dieser Matrix gelang es zum erstenmal, einen anschaulichen
Überblick über die Produktentwicklungsanstrengungen
des Gesamtkonzerns zu gewinnen und gleichzeitig Anknüpfungspunkte
für gemeinsame Forschung zwischen bisher isolierten Einheiten
aufzuzeigen. Idealtypisch könnte die Nutzung des Netzwerkes
folgendermaßen aussehen: Ein Entwickler der Firma A, der
sich in der Anfangsphase (Status 1.1) eines Projektes zum Thema
"Durability" befindet, stellt fest, daß die Schwesterfirma
C mehrere bereits weiter fortgeschrittene Projekte (2.1, 3.2,
4.1) zu ähnlichen Themen behandelt. Er setzt sich direkt
mit dem ins Netzwerk eingebundenen Entwickler in Verbindung und
prüft, welche Gemeinsamkeiten die Entwicklungsprojekte aufweisen
und in welchen Bereichen eine Kooperation Sinn macht.
Das Wissensnetzwerk von HOLDERBANK befindet sich noch in der Erprobungsphase.
Die Nutzungsbarrieren auf struktureller, persönlicher, politischer
und kultureller Ebene werden z.Zt. evaluiert. Erste Erfolge sind
allerdings sichtbar. So formierte sich eine Forschungsgruppe aus
mexikanischen, nordamerikanischen und europäischen Unternehmen
der HOLDERBANK-Gruppe, die in der Zukunft ein großes gemeinsames
Projekt durchführen möchte. Die Überschneidung
ihrer Interessen war durch die Projektdatenbank sichtbar geworden.
In Zukunft erwünscht man sich weitere Forschungskooperationen,
die internationale Multiplikation von Entwicklungsergebnissen
und die Gründung von internationalen Forschungszirkeln zu
speziellen Themen. Dies würde der HOLDERBANK-Gruppe erlauben,
ihre enorme Kompetenz in allen Bereichen der Zement- und Betonbranche
noch besser zu nutzen.
Neben der Einführung aufwendiger Systeme können aber
auch bereits kleine Arbeitshilfen die Identifikation kritischer
Wissensquellen im Alltag unterstützen. Eine dieser intelligenten
Lösungen zeigt der nächste Fall.
Weltweite Ortung von Charts
Beratungsunternehmen leben von der Qualität ihrer Mitarbeiter,
Analysen und Vorschläge. Das Kommunikationsmedium des Beraterteams
ist die Präsentation. Daher ist es nicht verwunderlich,
welche zentrale Rolle Charts in der täglichen Arbeitssituation
der großen Beratungen spielen. Sie sind die kleinste
'Wissenseinheit' im Beratungsgeschäft. Die kurzfristige Zusammenstellung
einer Präsentation ist nicht die Ausnahme und dabei müssen
Charts, die in unterschiedlichsten Büros erstellt worden
sind und zumeist nur als Ausdruck existieren, so schnell wie möglich
zusammengeführt werden. Die Ortung dieser Charts ist
daher von größter Wichtigkeit. Brook Manville, der
internationale Knowledge Director von MCKINSEY, hat für dieses
Problem eine Lösung: Jedes Chart, das weltweit von den professionellen
Graphikern der Firma erstellt wird, erhält eine Codierung
(z.B. 15-0002Y031.ZYJ), welche direkt auf das Chart gedruckt wird.
Mit diesem Code wird die spätere weltweite Ortung ermöglicht.
Das gefragte Chart kann bei spontaner Nachfrage schnell per Datenfernübertragung
an das entsprechende MCKINSEY-Büro gesendet werden, um dort
weiterbearbeitet zu werden.
Transparenz über immaterielles und rechtlich geschütztes Wissen
Je nach Branche und Unternehmen sind es unterschiedliche immaterielle
Ressourcen [], welche beim Aufbau dauerhafter Wettbewerbsvorteile
helfen können (Vgl. Kapitel 2). Viele Organisationen verfügen
über rechtlich geschütztes Wissen, das als Patent,
Handelszeichen, Marke oder Lizenz vorliegen
kann. Diese Rechte werden oft nur schlecht genutzt, können
aber wie im Fall der DOW-Chemical reaktiviert werden und dann
einen großen Nutzen für das Unternehmen generieren.
Teams als Träger orga-nisationaler Intelligenz
Während Patente oder Marken recht faßbare Repräsentanten
kollektiven Wissens sind, entziehen sich andere Wissensstrukturen
dem Blick. Zwei Teams, deren Mitglieder formal die gleichen Qualifikationen
aufweisen, können sich in ihrer Leistungsfähigkeit enorm
unterscheiden. Einige Gruppen verhalten sich in der Meisterung
von Aufgaben oder der Lösung von Problemen intelligenter
als andere. Über die Eigenschaften solcher Hochleistungsteams
ist viel geschrieben worden []. Ein Grund für die besonderen
Fähigkeiten bestimmter Teams liegt in der besonderen Qualität
der Beziehungen der Teammitglieder untereinander. Diese Beziehungen
bilden ähnlich den Neuronen des menschlichen Gehirns eine
Struktur heraus, welche von einigen Autoren als organisationale
Intelligenz bezeichnet wird []. Diese Beziehungsstrukturen
sind allerdings nur schwer beschreibbar. Weick und Roberts zeigen
am Beispiel der Arbeit von Fluglotsen, wie wichtig solch ein ausgeprägtes
gegenseitiges Verständnis [] der Lotsen für die Flugsicherheit
ist. Eingespielte Teams können auf geteilte Vergangenheitserfahrungen
zurückgreifen, sind sich der Vernetzung verschiedenster Aktivitäten
bewußt und können so mit deutlich niedrigeren Fehlerzahlen
operieren als neu zusammengesetzte Teams, welche formell das gleiche
Fachwissen besitzen. Krankheit oder Fluktuation führen schnell
zu einer deutlich herabgesetzten "Intelligenz" des Fluglotsenteams.
Störungen des Beziehungsgefüges können so leicht
zu schwerwiegenden Unfällen führen, was manchem Reengineering-Experten
zu denken geben sollte.
Kollektive Wissenstrans-parenz hat Grenzen
Das Fluglotsenbeispiel zeigt die Grenzen kollektiver Wissenstransparenz
auf. Gewisse Fähigkeiten der Organisation gleichen einer
'black box'. Man kann sehen, was für eine Fähigkeit
die Gruppe/Organisation besitzt, aber man weiß nicht, wie
diese zu erklären ist. Die Komplexität
sozialer Verhaltensmuster erschwert ihre Offenlegung. Und so werden
auch in der Zukunft Organisationen immer wieder überrascht
sein, welche unerwarteten Auswirkungen das Ausscheiden eines reich
vernetzten Wissensträgers auf ihre organisatorischen Fähigkeiten
haben kann.
Kollektive Wissenstrans-parenz hat Grenzen
Ist die Konsequenz dieser Darstellung, daß sich die Auseinandersetzung
mit kollektiven Wissensstrukturen nicht lohnt, da sie ja doch
nicht verstanden werden können? Die Antwort lautet "Nein".
Man sollte sich vielmehr der Möglichkeiten und Grenzen der
Sichtbarmachung kollektiven Wissens bewußt werden. Die Auseinandersetzung
mit dem "unbewußten" Teil der organisatorischen
Wissensbasis kann sich allerdings lohnen und bedarf Methoden,
die heutzutage noch selten in Unternehmen eingesetzt werden. Einen
Weg, auf dem man kollektives Wissen aufdecken kann, beschreibt
Scott-Morgan - Berater bei ARTHUR D.LITTLE - in seinem vielbeachteten
Buch "Die heimlichen Spielregeln" [].
Entschlüsselung geheimer Spielregeln
In einem Industriewerk, das innerhalb des Konzerns als besonders
erfolgreich gilt und in dem die Mitarbeiter besonders stolz auf
das gute Arbeitsklima und Image des Betriebes sind, kommt es aus
unerklärlichem Grund zu einer signifikanten Steigerung von
sogenannten Beinahe-Unfällen. Niemand kann sich diesen
Anstieg erklären. Eine Analyse der Unternehmensberater von
ARTHUR D.LITTLE bringt ans Licht, daß diese Steigerung durch
die Kollision einer geheimen Spielregel mit einer offiziellen
Anweisung verursacht wurde. Aus Solidarität zu ihren Kollegen
hatten die Arbeiter meldepflichtige kritische Vorfälle
(die Vorstufe von Beinahe-Unfällen) nicht gemeldet.
Im Kollektiv galt die schließlich die ungeschriebenen
Regel: "Verpfeife Deinen Kollegen nicht". Meldung wurde
mit Denunziation gleichgesetzt. Die offizielle Regel: "Melde
jeden kritischen Vorfall" wurde damit ausgeschaltet. In der
Konsequenz fiel ein wichtiger Frühwarnindikator zur Beseitigung
von Gefahrenquellen aus, was dazu führte, daß die Beinahe-Unfälle
zunahmen. Erst durch die Bewußtmachung dieses kollektiven
Paradoxes (Man will den Kollegen vor Ärger schützen
und gefährdet dadurch seine Gesundheit) konnte man das alte
Sicherheitsniveau wieder herstellen.
Die Identifikation von geheimen Spielregeln führte in diesem
Beispiel zu einem besseren Verständnis der sozialen Dynamik
innerhalb des Kollektivs. Durch die Herstellung und öffentliche
Darstellung der kollektiven Werte konnte man die paradoxe Situation
auflösen.
Angemessenheit von Maßnahmen
zur Herstellung
von Transparenz
Die Erstellung von Wissenslandkarten (HOFFMANN-LA ROCHE)
oder der Aufbau eines Wissensnetzwerkes im F&E-Bereich
(HOLDERBANK) haben Anregungen zur Verbesserung der kollektiven
Wissenstransparenz geliefert. Standardlösungen sind sie jedoch
nicht. So braucht ein mittelständischer Betrieb - in dem
noch jeder jeden kennt - mit Sicherheit kein Rapid Response
Network. So kann die Erstellung eines Vertrauensnetzwerkes
in einem stark politisierten Umfeld zu "falscher" Transparenz
führen. Großunternehmen müssen sich fragen, ob
der Nutzen, den eine globale elektronische Wissensbasis generieren
könnte, den Aufwand für Infrastruktur, Schulungen und
die Bindung von Managementkapazität aufwiegt.
Ansatzpunkte zur Erleichterung der Wissensidentifikation finden sich dabei auf allen Ebenen. Jeder Mitarbeiter kann die Transparenz über seine eigenen Fertigkeiten erhöhen und damit seinen Kollegen den Zugriff erleichtern. Teams können über ihre Arbeitsfortschritte informieren. Einige Maßnahmen betreffen allerdings die Infrastruktur der Unternehmung und sollten daher auf organisatorischer Ebene getroffen werden. Es gilt dabei stets, eine an den Kontext angepaßte, auf bestehenden Wissensstrukturen aufbauende Lösung zu finden, deren Realisierung in einem angemessenen Verhältnis zum zu erwartenden Nutzen steht.
Verfolgung von Trends im
Wissensumfeld
Wenn es internationalen Großorganisationen bereits schwerfällt,
eine hinreichende interne Wissenstransparenz herzustellen,
so haben sie mit der Verfolgung des externen Wissensumfeldes
oft noch größere Mühe []. Viele Mitarbeiter
haben gar keine Verbindung zu externen Wissensquellen und -trägern
oder kapitulieren vor den Informationsfluten. Dennoch müssen
Unternehmen sicherstellen, daß sie über wichtige Trends
informiert sind und daß sie wesentliche externe Wissensträger
und -quellen identifizieren können.
Selektionen von Organisationen
und Individuen
An der Grenze zwischen innen und außen haben sich bei Individuen
und Organisationen eine Vielzahl von Filtern ausgebildet, die
nur einen Teil der extern verfügbaren Informationen passieren
lassen []. Diese Selektionsmechanismen schützen Individuen
wie Organisationen vor lähmender Reizüberflutung. Nicht
jeder Bewerber erhält ein Vorstellungsgespräch, nicht
jede Kundenbeschwerde wird an den Produktmanager weitergeleitet
und nicht jedes Patent, das irgendwo auf der Welt geschützt
wird, überprüfen die internen Forscher auf ihre Nützlichkeit
für den eigenen Betrieb. Diese natürliche und notwendige
Selektion hat aber auch ihre Schattenseiten. Organisationsforscher
sprechen von organisationalen Vertuschungen (cover-up's),
defensiven Routinen [] oder kollektiven blinden
Flecken [], wenn sie erklären wollen, warum Organisationen
gewisse 'Realitäten' einfach nicht wahrnehmen oder wahrhaben
wollen. Starre kollektive Bezugsrahmen legen somit die
Organisation auf wenige - nicht immer jedoch die zentralen - Wissenssuchfelder
fest. Neue Wissensquellen werden dabei oft ignoriert, abgewertet
oder schlicht übersehen. Auf der individuellen Ebene sprechen
Psychologen von selektiver Wahrnehmung [], wenn
sie erklären wollen, warum Menschen aus der täglichen
Informationsflut gerade die Ereignisse herausfiltern, welche ihre
eigenen Vorurteile und Meinungen bestätigen oder von
selektiver Aufmerksamkeit [], wenn sie die Begrenztheit des
menschlichen Verarbeitungsvermögens betonen wollen.
Schaffung eines Gleich-gewichts
Sowohl für Individuen als auch für Organisationen geht es also darum, ein Gleichgewicht zwischen schädlicher und gesunder Ignoranz sowie zwischen überlastender und anregender Informationsflut zu erreichen. Je klarer die Wissensziele formuliert und verstanden sind, desto einfacher fällt die Orientierung in diesem Spannungsfeld. Die Möglichkeiten und Grenzen der Schaffung der Schaffung von externer Wissenstransparenz werden im folgenden untersucht.
Experten, Professoren, Berater oder Kunden sind Wissensträger, welche über Kompetenzen und Informationen verfügen, die innerhalb des Unternehmens nicht notwendigerweise vorhanden sind. Unternehmensverbände, Archive, externe Datenbanken, Fachzeitschriften oder das Internet sind Wissensquellen, welche relevante
Informationen für organisatorische Fragestellungen enthalten
können. Bei der Wissensidentifikation wird viel Zeit und
Energie verschwendet, weil man die falschen Wissensträger
befragt oder ungeeignete Wissensquellen nutzt. Oft sind Suchziele
zu vage formuliert oder besteht keine Erfahrung im Umgang mit
externen Wissensträgern und der Nutzung externer Wissensquellen.
Helfer im Umgang mit der externen Informations-flut
Während sich in Großorganisationen spezialisierte Stellen
zur Unterstützung von internen Informationsanfragen gebildet
haben, können sich kleinere Unternehmungen diesen Luxus selten
leisten. Sie müssen daher oft den Weg über externe Wissensträger
wie Unternehmensberater, Marktforschungsinstitutionen oder andere
Spezialisten gehen, bevor sie an die benötigten Informationen
gelangen. Diese Nische nutzen sogenannte Wissensbroker.
Sie behalten den Überblick über spezielle Wissensfelder,
die gerade Klein- und Mittelbetriebe nicht mit vertretbarem Aufwand
selber verfolgen können und bieten Dienstleistungen wie Kooperationspartnervermittlung
oder Patentrecherchen an.
Technologie-Scout hilft
bei der
Partnersuche
Die mittelständische Firma STÄHLER aus Stade in Schleswig-Holstein
suchte ein Anti-Graffiti-Mittel, mit dem man U-Bahnen, Betonmauern
und Aufzugstüren mit geringem Aufwand von unerwünschten
Verzierungen befreien kann. Da der mittelständische Betrieb
sich keine aufwendige Forschungs- und Entwicklungsabteilung leisten
konnte, war STÄHLER auf einen Partner angewiesen, dessen
Produkt man in Lizenz oder Kooperation fertigen und vertreiben
konnte. Doch aus eigener Kraft war kein Partner zu identifizieren,
obwohl man sich fast sicher war, daß das gesuchte Mittel
bereits irgendwo auf dem Weltmarkt verfügbar sein müßte.
Erst durch die Einschaltung eines spezialisierten Technologie-Scouts,
der per Internet, CD-ROM und einschlägigen Nachschlagewerken,
den Patentmarkt durchforstete, fand STÄHLER die Firma DECORARC
Ltd. aus Schottland, welche ein Mittel entwickelt hatte, mit dem
sich Graffitis nicht nur entfernen lassen, sondern das gleichzeitig
die Oberfläche versiegelte, so daß neue Schmierereien
nicht mehr haften bleiben konnte. Ohne den Wissensbroker
hätten die beiden Firmen wohl nie etwas von ihren gemeinsamen
Interessen erfahren.
Horchposten
Eine Möglichkeit zur frühzeitigen Erkennung relevanter Neuigkeiten ist die Unterhaltung von Horchposten. Wissenschaftler, Journalisten oder Politiker, die sich in ihrer Funktion mit speziellen Fachbereichen beschäftigen, können wertvolle Informationen über neue Trends liefern. Die Institutionalisierung solcher Kontakte wird recht unterschiedlich organisiert. So treffen sich Manager des Schweizer Chemiemultis CIBA regelmäßig mit Vertretern von Umweltorganisationen wie Greenpeace, Anwohnern der Industrieanlagen und Kommunalpolitikern, um neue Konzepte zu diskutieren. Diese Risikodialoge dienen der Identifikation von Bedürfnissen wichtiger Anspruchsgruppen und bauen Vertrauen zwischen den Interessengruppen auf. Andere Organisationen berufen Expertenhearings zu ausgewählten Themen ein, um neue Trends vertieft zu verstehen und mit externen Experten zu diskutieren.
Kontakte
zu think tanks
und anderen externen Wissenszentren
Der Kontakt zu externen think tanks oder think factories[]
oder zu universitären Lehrstühlen, sichert
die Nähe zu neuen Technologien oder Theorien, welche langfristig
Einfluß auf die Verbesserung der eigenen organisatorischen
Fähigkeiten haben könnten. Diese Kontakte können
auf informeller Basis, durch gemeinsame Projekte oder Auftragsforschung
gehalten werden. Fachhochschulen, die sich über eine besondere
Praxisnähe profilieren wollen, sowie Institute wie die
Fraunhofer-Gesellschaften zur Förderung der angewandten Forschung
werden so zu Trendaufspürern für die Organisationen,
die mit ihnen kooperieren.
Transparenz über die Fähigkeiten externer Partner
Auch die Fähigkeitsentwicklung von Zulieferern oder anderen
Service-Leistern (insbesondere im EDV-Bereich) muß verfolgt
werden. Durch massives Outsourcing haben sich viele Organisationen
im hohen Maße von diesen externen Partnern abhängig
gemacht. Teilweise wurden unter der Überschrift 'Lean Management'
gar Teile der Kernkompetenzen nach außen verlagert. Die
Verfolgung der Leistungsentwicklung dieser Schlüsselpartner
wird daher für den eigenen Erfolg immer wichtiger. Dies führt
dazu, daß beispielsweise in der Automobilindustrie Firmen
wie VW den Produktionsprozeß ihrer (bereits streng selektierten)
Zulieferer regelmäßig begutachten, um sicher zu sein,
daß die eingekauften Teile tatsächlich nicht effizienter
zu produzieren sind.
Transparenz über die Fähigkeiten von Beratern
Berater sind die großen Gewinner der 80er und 90er
Jahre. Organisationen haben an sie immer mehr originäre Managementtätigkeiten
abgegeben. In vielen Unternehmungen wird kaum mehr ein wichtiges
Projekt ohne den Beistand von externen Beratern gestartet. Durch
ihre besondere Bedeutung für den Aufbau von zukünftiger
Wettbewerbsfähigkeit und den zunehmenden Konkurrenzkampf
innerhalb der Branche, werden Berater immer stärker schon
im Vorfeld auf den Prüfstand gestellt. Der unkritische Umgang
mit den 'Propheten der Effizienz' [] scheint nachzulassen und
viele Kunden fordern heute Vorpräsentationen oder informieren
sich im Vorfeld wesentlich stärker, welche Fähigkeiten
von welcher Beratungsfirma am ehesten zu erwarten sind. Dies geht
soweit, daß Aufträge nicht mehr pauschal an einen der
'Großen' wie die BOSTON CONSULTING GROUP vergeben werden,
sondern direkt nach Frau Dr. X. gefragt wird, von der man weiß,
daß sie in ähnlich gelagerten Fällen erfolgreich
agierte oder mit der internen Kultur harmoniert hat. Beratungsfirmen
reagieren auf diese neuen Transparenz-Anforderungen, indem sie
ihre Fähigkeiten in Fachzeitschriften, auf Konferenzen oder
durch die Lancierung von Management-Büchern [] dokumentieren
und damit bewußt vom kultivierten low profile der
Vergangenheit abrücken.
Netzwerke
Ein wichtiges Hilfsmittel zur Identifikation von Wissensträgern
und Wissensquellen sind Netzwerke. Ein Netzwerk zeichnet
sich durch ein gemeinsames Basisinteresse seiner Mitglieder,
konsequente Personenorientierung und die Freiwilligkeit
der Teilnahme aus. Die Beziehungen zwischen den Teilnehmern
beruhen auf dem Tauschprinzip. Die Kommunikation in Netzwerken
folgt damit radikal anderen Gesetzmäßigkeiten als Prozesse
des 'geregelten' Informationsaustausches in hierarchisch gegliederten
Unternehmen [].
Expertennetz-werke
In vielen Bereichen unserer Gesellschaft haben sich Expertennetzwerke
gebildet, die sich nicht an Branchen- oder Unternehmensgrenzen
orientieren. In ihnen zirkulieren Informationen, werden Kontakte
vermittelt, was den Mitgliedern oft entscheidende Informationsvorsprünge
sichert. Das gegenseitige Vertrauen, das durch persönliche
Kontakte aufgebaut und verstärkt wird, ermöglicht einen
informell-direkten Kommunikationsstil, der den Netzwerkteilnehmern
erlaubt, sich in einem rasch wandelnden Umfeld schnell zu orientieren.
Dies funktioniert nur, wenn jeder sein eigenes (für die anderen
externes) Wissen ins System einbringt. Netzwerke sind dabei polyzentrische
Gebilde, die durch das Ausscheiden einzelner Teilnehmer nicht
untergehen. Das Problem für viele Organisationen liegt in
der mangelnden Nutzung solcher Expertennetzwerke. Oft wissen sie
gar nicht von deren Existenz, von den behandelten Wissensgebieten
oder der Mitgliedschaft eigener Mitarbeiter in vielfältigen
Netzwerken. Sind allerdings relevante Netzwerke identifiziert
worden, können Anstrengungen zur "Einnetzung" unternommen
werden. Hier können Unternehmen sicherlich viel von Lobbying-Profis
oder Diplomaten lernen. Aber auch der Erfolg von Alumni-Netzwerken
(akademische Verbindungen, Alumni von amerikanischen Business-Schools,
Ex-MCKINSEYs) zeigt wie die zunehmende externe Komplexität
durch Netzwerke bewältigt werden kann.
Nutzung eines 'Szenenetz-werkes'
Nehmen wir das Beispiel eines europäischen Musikproduzenten,
der auf der Suche nach neuen Rap-Talenten in New York ist. Tagtäglich
hat er Kontakte mit Künstleragenturen, Musikfachzeitschriften,
Konzertveranstaltern, Szenegängern, Künstlern und mit
seinen Kollegen von der Konkurrenz, die ihn mit Tips versorgen
- so bilden sich gegenseitige Abhängigkeiten. Mit diesen
Personen hat er vielleicht mehr Gemeinsamkeiten als mit einem
Großteil der Mitarbeiter seines Arbeitgebers. Dieses 'Szene'-Netzwerk
liefert ihm eine Vielfalt von Meinungen über die aktuelle
Rap-Szene, was ihm erlaubt, bereits vor der direkten Kontaktaufnahme
eine qualifizierte Selektion vorzunehmen und einige interessante
Gruppen zu identifizieren. Die Übergabe solcher Kontakte
ist allerdings schwierig, die 'Einnetzung' erfordert Zeit und
gelingt nicht jedem []. Gerade in Zeiten steigender Fluktuation
können neue Organisationsmitglieder oft nur unzureichend
in das komplexe Beziehungsgeflecht ihrer Vorgänger eingeführt
werden. Die Organisation verliert so den schnellen und effektiven
Zugriff auf wichtige Wissensbestände, die außerhalb
der eigenen Organisationsgrenzen liegen.
Die Vernetzung mit dem externen Wissensumfeld bildet ein effektives
Instrument zur Realisierung eines integrierten Wissensmanagements,
das zu einer vereinfachten Identifikation qualitativ hoch einzuschätzender
Wissensträger und -quellen beiträgt.
Internet als mächtiges Instrument zur Schaffung von Wissens-
transparenz
Eine andere Möglichkeit zur Identifikation externer Informationen
und Wissensquellen liegt heutzutage in der Nutzung des Internet.
Von einem Netzwerk für Computerfreaks, das im Jahre 1969
im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums entstand, um im Falle
eines Atomkrieges den Austausch zwischen strategischen Punkten
sicherzustellen, hat sich das Internet rasant in den Zugriffsbereich
von Jedermann entwickelt. Die netzartige, dezentrale Struktur
zwischen verschiedenen Kommunikationspunkten verbindet heute ca.
50.000 kleinere Computernetzwerke, 5 Millionen Computer und wird
z.Zt. weltweit von ca. 30 Millionen Nutzer genutzt []. Kern der
Nutzung des Netzes ist das WWW (World-Wide-Web), das durch die
Nutzung des Programmierformates HTML (Hyper Text [] Mark-Up Language)
einen einheitlichen Standard für die anwenderfreundliche
Übertragung von Texten, Graphiken, Tönen und sogar Videos
zur Verfügung stellt. Einzelpersonen, Universitäten
sowie andere staatliche und private Organisationen haben im WWW
ihre sogenannten 'Homepages' eingerichtet, über welche sie
Informationen verbreiten, Produkte anbieten oder andere Dienstleistungen
für den 'Web-Surfer' zur Verfügung stellen.
Grenzen des Internet
Die anfängliche Euphorie hat sich jedoch bei vielen Anwendern wieder gelegt. Die Suche nach Informationen im WorldWideWeb erwies sich als extrem zeitraubend und ineffektiv. Zielgerichtete Abfragen waren praktisch nicht möglich. In der Hypertextstruktur des Netzes sprang der Anwender von einer Internetadresse zur anderen und das Herunterladen interessanter Informationen konnte Stunden dauern und den eigenen Rechner während dieser Zeit blockieren.
Verbesserung des Zugriffes auf Internet-
Quellen
Doch das Chaos lichtet sich und die Möglichkeiten zur effektiven
Suche nach Wissensquellen verbessern sich rasant. On-Line Dienste
wie COMPUSERVE, AMERICA ONLINE oder MICROSOFT NETWORK strukturieren
den Informationsmarkt für ihre Kunden. Sie kategorisieren
und aktualisieren die immensen Informationsfluten und erleichtern
ihren Kunden die Navigation. Einen großen Nutzen zur Orientierung
der Internet-Anwender generieren sogenannte Suchmaschinen.
Hierbei handelt es sich um Dienste, die mit Hochleistungsrechern
(sogenannten Web-Robotern oder Abfrage-Automaten) die Unweiten
des Internet durchforsten und dabei neues Informationsmaterial
aufspüren. Die eigentliche Arbeit liegt dann in der sinnvollen
Strukturierung der Informationsmassen. So verfügt der populäre
Suchdienst YAHOO! [] über einen Web-Katalog mit über
20.000 Kategorien, in den die zwanzig Mitarbeiter die Flut neuer
Angebote einordnen, um den bis zu 200.000 Anfragern pro Tag die
Orientierung zu erleichtern. Wie viele andere Dienste kämpft
Yahoo! mit seiner begrenzten Verarbeitungskapazität, welche
beim Anwender zu langen Wartezeiten führen kann.
intelligente
Agenten
Suchmaschinen oder Web-Robots gehören in die weitere Kategorie
der intelligenten Agenten. Diese sind Computerprogramme,
die selbständig Aktivitäten für den Benutzer ausführen,
wenn gewisse Kriterien gegeben sind. Sie 'scannen' z.B. NetNews
nach gewissen Stichworten, 'besorgen' die interessanten Seiten
und kopieren sie ihren Nutzern auf die Festplatte. Sie können
daher frühzeitig auf kritische Trends hinweisen [] oder sie
filtern die E-Mail ihrer Anwender, was diese in einem informationsintensiven
Umfeld mit riesigen Datenmengen vor der Blockade bewahren kann.
Die intelligenten Agenten der Zukunft werden noch näher an
den Informationsinteressen ihrer Kunden ansetzen, indem diese
Wissenfelder angeben können, in denen sie regelmäßig
über Neuigkeiten auf dem Internet auf dem Laufenden gehalten
werden wollen []. Auch die Navigations-Software (z.B. der Marktstandard
Netscape) wird immer anwenderfreundlicher und in andere Alltagsanwendungen
integriert werden. Übertragungsgeschwindigkeiten werden durch
die rasche Leistungserhöhung auf der Netzwerk- und Hardwareseite
immer schneller werden.
Das Internet braucht eine sinnvolle Nutzungs-strategie
Diese Trends werden dazu führen, daß die effektive
Nutzung der Internetressourcen für immer mehr Organisationen
sinnvoll werden wird. Ein schneller Zugang zu externen Wissensquellen
wird in Zukunft von jedem vernetzten PC aus möglich sein.
In einigen Wissensbereichen haben sich bereits öffentliche
Wissensdatenbanken etabliert, welche klassischen Auskunftsdiensten,
Archiven oder Bibliotheken überlegen sind. So bietet die
Datenbank Swiss-Prot ein 'Who-is-Who' im Bereich der Proteine
[]. Mehr als 52.000 Proteine sind hier verzeichnet und beschrieben
und können als dreidimensionale Graphik mit allen Zusatzinformationen
heruntergeladen werden. Über 200.000 Forscher, Ärzte,
Labaratorien, Unternehmen und Studenten nutzten diese Dienstleistung
der Universität Genf und des Kantonsspitales im Jahre 1995.
Das Internet ist ein neues Kommunikationsmedium, das einen neuartigen Zugriff und Austausch auf digitalisierte Daten und Informationen aller Art liefert, mehr nicht. Wie alle anderen Kommunikationsmedien (Telephon, Fax, Konferenz...) bedarf es des sinnvollen Einsatzes zur Erreichung von angestrebten Zielen. Den größten Nutzen stiftet es denjenigen, die schon relativ genau wissen, was sie suchen. Ihnen bietet das Internet über die Bereitstellung leistungsstarker Metamedien [] schnellen Zugriff auf Informationen, mit denen die eigenen Fähigkeiten verbessert werden können. Wer das 'Medium zur Nachricht' macht, kann allerdings im Umgang mit dem Internet nur enttäuscht werden. Übertriebene Erwartungen und eine gewisse Idealisierung von Internetaktivitäten ist z.Zt. in vielen Bereichen zu beobachten.
Intranet
Die Technologien des WWW nutzen viele Organisationen zum Aufbau
sogenannter Intranets. Interne Dokumente wie Markstudien,
Hauszeitung, Jahresberichte, Präsentationen oder Presseberichte
werden auf dafür eingerichteten Rechnern abgelegt und können
von den Mitarbeitern abgerufen werden. Leistungsfähige Intranets
ermöglichen Recherchen in der internen elektronischen Informationsbasis
und unterstützen damit den schnellen Zugriff auf Firmeninformationen.
Schutz des Intranet
An der Grenze zwischen Internet und Intranet mußten allerdings
einige Pioniere Lehrgeld bezahlen. Wenn das Intranet zu wenig
vor versierten Eindringlingen (Hackern) aus dem Internet geschützt
wird, können vertrauliche Firmeninterna ungehindert nach
außen abfließen. Entscheidend für den Schutz
der internen Daten ist nach Aussage von HEWLETT-PACKARD [] die
Netzwerkkonfiguration. Die folgende Abbildung zeigt eine mögliche
Konfiguration, die drei Netzwerkbereiche voneinander unterscheidet:
(1) das öffentliche Netzwerk mit Zugang zum gesamten Internet-Angebot,
(2) ein privater Bereich im Internet, den jeder Mitarbeiter selber
gestalten kann und (3) das durch Sicherheitseinrichtungen (Firewall)
geschützte firmeninterne Netz.
Homepages
Viele Organisationen nutzen inzwischen die Möglichkeit sich
selbst über Homepages auf dem Internet darzustellen
[]. Sie ermöglichen es damit interessierten Externen, sich
schnell und unkompliziert ein Bild über die eigenen Aktivitäten
zu bilden. Zwischen der Qualität dieser Homepages liegen
heute noch Welten. In der Zukunft könnten viele Aktivitäten,
die heute zur Pflege eines gewissen externen Bildes der Organisation
unternommen werden, über dieses Medium abgewickelt werden.
Die zentralen Aussagen zur internen und externen Wissenstransparenz
sollen am Ende dieses Beitrages nochmals im Überblick dargestellt
werden:
Die Erstellung von Wissensinventaren oder die Herstellung einer
umfassenden Wissenstransparenz ist kein Selbstzweck. Nur im Zusammenspiel
mit organisatorischen Zielsetzungen erhalten diese Bemühungen
einen Sinn. In unserem Modell des integrierten Wissensmanagements
dienen uns die Wissensziele als Leitplanken unserer Suchbewegungen.
Das Ergebnis dieser Suche findet sich beispielsweise im gesteigerten
Wissen über interne Wissensträger und ihre Fähigkeiten
oder dem Verständnis interner Prozesse, die unsere organisatorischen
Fähigkeiten unterstützen. Diese bereits vorhandenen
Fähigkeiten dürfen der Organisation nicht wieder verloren
gehen, sondern müssen verankert werden (Baustein: Wissensbewahrung).
Die Auseinandersetzung mit dem Wissensumfeld der Organisation
führt zur Erkenntnis eigener Wissenslücken und Fähigkeitsdefizite.
Externe Wissensquellen können auf ihren Beitrag zum Aufbau
der angestrebten Fähigkeiten bewertet werden. Gleichzeitig
kann die Auseinandersetzung mit der Konkurrenz zu einer Identifizierung
von sogenannten best practices führen. Dieser Prozeß
wird zumeist als externes Benchmarking bezeichnet. Benchmarking
kann allerdings nur die Lücke 1 in der obigen Abbildung aufdecken.
Zum Aufbau schwer imitierbarer organisationaler Kompetenzen reicht
ein solches Aufhol-Lernen allein selten aus. Dennoch ist
es wichtig diese Lücke zur Konkurrenz durch Maßnahmen
des Wissenserwerbes (Rekrutierung, Kooperation, Imitation)
auszugleichen. Die kreative Aufgabe liegt in der Schließung
der zweiten Lücke. Diese kann durch vielfältige Aktivitäten
der Wissensentwicklung (Forschung, Marktstudien, quality
circles...) geschehen.
Die Identifikation von Fähigkeitsdefiziten und Wissenslücken
bietet den Ausgangspunkt für Maßnahmen des Wissenserwerbes
und der Wissensentwicklung. Brauchen wir einen externen
Trainer für die Verkaufsschulung oder können wir sie
mit eigenen Mitteln in hinreichender Qualität selber durchführen?
Vergeben wir den Auftrag für die Entwicklung eines Zwischenprodukte
an ein externes Laboratorium oder beauftragen wir die interne
F&E-Abteilung? Soll das neue Werk in China von einem relativ
unerfahrenen Nachwuchsmanager aufgebaut werden oder engagieren
wir einen Manager auf Zeit? Leisten wir uns einen externen Informationsdienst,
der uns mit komprimierten Brancheninformationen versorgt, oder
lassen wir unsere Manager selber selektieren? Betreiben wir weiterhin
Grundlagenforschung oder verlagern wir sie in Kooperationsprojekte
mit Universitäten? Die Grundentscheidung die in all diesen
Fällen zu treffen ist lautet: Wollen wir Wissen intern
selber aufbauen oder andere (externe) Quellen nutzen?
Vielleicht kommt man mit einem exzellenten Berater schneller und
letztendlich günstiger zum angestrebten Ergebnis. Verlernt,
derjenige, der sich bei Problemen immer an Experten wendet aber
nicht langfristig die Fähigkeit selber zu denken? Die Ausführungen
zur Bedeutung des Aufbaus, des Erhalts und der Entwicklung organisationaler
Kompetenzen haben gezeigt, daß es bei Entscheidungen, die
den Wissensimport oder Fähigkeitsexport berühren, nicht
nur um kurzfristig-monetäre Erwägungen gehen kann. Unreflektiertes
Outsourcing nach dem Motto 'lean is beautiful' ist gefährlich.
Wer heute seine Forschung an Dritte vergibt, kann vielleicht kurzfristig
die Personalkosten senken, könnte sich aber bereits mittelfristig
seiner unverwechselbaren Produktstärken beraubt sehen. In
jedem Fall macht er sich von einem externen Dritten abhängig.
Entscheidungen über Wissenserwerb oder Wissensentwicklung
sollten daher bewußt getroffen werden. Um das Risiko
(vielleicht irreparabler) Fehlentscheidungen zu reduzieren, sollten
Wissensmanager über die generellen Probleme und Chancen im
Spannungsfeld zwischen Wissenserwerb und Wissensentwicklung orientiert
sein und sich einen Überblick über die Vielfalt möglicher
Ansätze und Instrumente verschaffen.
Fazit
Es wurde deutlich, welches Potential in der Schaffung von interner
und externer Wissenstransparenz stecken kann. Oft ist es einfacher,
bereits Vorhandenes neu für sich zu entdecken, als das Rad
noch einmal zu erfinden. Absolute Wissenstransparenz ist allerdings
unmöglich und nicht wünschbar. Organisationen müssen
sich im Spannungsfeld gesunder Ignoranz und neugieriger Offenheit
immer wieder neu positionieren. Transparenz ist somit auch keine
Garantie für Innovation. Vom Wissen, daß eine Fähigkeit
intern oder extern vorhanden ist, zur produktiv-ökonomischen
Nutzung derselben, sind vielfältige Lernbarrieren der Organisation
und ihrer Individuen zu überwinden. Dennoch hat die Diskussion
über die Möglichkeiten effizienter Wissensidentifikation
deutlich gemacht, daß die Innovationsdebatte das 'Neue'
(und seine Produktion) nicht zum alleinigen Erfolgsfaktor von
Innovationsstrategien erheben und untersuchen sollte.